Mein täglich Frust!

Sind Sie schon mal in Heidenheim Fahrrad gefahren? Nicht am Sonntag oder gar Feiertag wenn die Sonne scheint und die Fotoalben wieder frohlocken!! Nein. Täglich von der Weststadt in die Innenstadt und zurück, vier mal am Tag die gleiche Strecke und zu unterschiedlichen Zeiten? Nein, nicht die Sörös'sche Art! Ganz normal, weil sich die Fahrt von zwei Kilometer nicht lohnt. Weil die Zeit, das Auto aus der Garage zu holen und in die Tiefgarage zu fahren und der Weg in die Redaktion mehr Zeit beansprucht, als gleich alles zu laufen. Aber lassen Sie mich erzählen:

Der Weg ist ganz einfach: Aus der Heckentalstraße 5 kurz vor der Weststadtkreuzung, die zu überqueren schon an ein Spießrutenlaufen erinnert (bei "fast" grüner Ampel ab der Apotheke beschleunigen und dann mit Hupen daran erinnern, Mann/Frau will ja noch bei fast grün - oder schon rot? - gefälligst über die Ampel - nein nicht ich, der x-beliebige Autofahrer), abbiegen in die Goethe- oder Arndtstraße, einer 30er Straße (nicht langsamer als 30 km/h). Die Straße dann weiter und über die Kreuzung Goethe-, Rückert-, Johannes-, Felsen- und Hohestraße in die Felsenstraße einbiegen. Hier dann vorsichtig eher in der Mitte der Fahrbahn fahrend (Autotüren können sehr hart sein) und die hupenden und ungeduldigen Autofahrer möglichst nicht beachtend (siehe Autotüren!!), um dann doch überholt zu werden (Abstand: nullkommanichts). An der nächsten Kreuzung von selbigem Fahrzeug dann mit Drall nach rechts ausgebremst werden - der Randstein, die Stoßstange, der Asphalt,  ...

Die folgenden Kreuzungen dann glücklich und ohne Blessuren überqueren um dann dem Streckenhöhepunkt entgegen zu fiebern: Der Kreuzung Felsen-/Bergstraße. Nein, nicht dass ich Angst hätte - die habe ich mir nach mehrjähriger Übung bereits abgewöhnt! Endlich habe ich die Kreuzung überquert und gebe richtig Tritte in die Pedale, werde ich überholt! Das ist ja nicht weiter schlimm. Nur: Gleichzeitig kommt etwas entgegen und der Abstand zwischen mir, dem Transporter und wieder dem Randstein und dem Asphalt ...

Ist das auch glücklich überstanden, kann ich endlich in "ruhigere" Wege einbiegen: Das Ottilienwegle (eigentlich Fußweg ...) mit schlechtem Gewissen entlang zur Schnaitheimer Straße (Absteigen und laufen? - Ich habe eigentlich ein "Fahr"-rad?!?!?!?).

Und wieder ein Höhepunkt in der Verkehrssituation Heidenheims: Die Überquerung der Schnaitheimer Straße! Nicht nur, dass ich auch hier auf dem Bürgersteig gegen die Fahrtrichtung fahre ... komme ich endlich in der Heinrich-Voelter-Straße. Ach - auch hier scheinen die Attacken nicht aufhören zu wollen: Parkplatznot veranlasst so machen Autofahrer/in alle Regeln des Verkehrs zu vergessen: Vorfahrt missachten, halten und ohne schauen Rückwärtsfahren, Parkplatz ist frei - nichts wie rein ... und zwischen drin - ich mit meinem Fahrrad.

Ach ja, und dann die 1,5 Meter Einbahnstraße bis zum offiziellen Fahrradweg - welch Schande, welch Schmach - ich wage es jeden Tag, diese 1,5 Meter zwischen Blumentrögen fahrend zu durchqueren! Und dann nur noch 100 Meter bis zum Ziel: Nach rechts abbiegen und vorbei an "himmlischen" Parkplätzen und den verzweifelnd suchenden Autofahrern ...

Sie haben recht: Eigens für die Fahrradfahrer wurden parallel zur Felsenstraße, der Clichystraße, ein Fahrradweg eingerichtet. Den soll ich gefälligst benutzen! Warum wird extra für die Fahrradfahrer ein solch teurer Weg eingerichtet, wenn ich ihn nicht benutzte?

Den bin ich vielleicht drei oder vier mal gefahren - die Kirche ums Dorf tragen ist glaube ich leichter!?! Und: Lieber ein schlechtes Gewissen haben und mit der Aussicht, eher ungeschoren, sprich gesund, an mein Ziel zu kommen als von den Autofahrern an der Westkreuzung, dem Eugen-Jaekle-Platz, der Kreuzung Brenz-/Marienstraße oder Olga-/Marienstraße ins Krankenhaus bugsiert zu werden. Und: Ich brauche viel länger, um an mein Ziel zu kommen.

Aber fahren wir nach Arbeitsende wieder zurück. Nein, nicht den gleichen Weg. Ums Pressehaus herum auf dem Fahrradweg (Welche Ampel gilt da eigentlich?). Hier fangen schon die Probleme an: Der Fahrradweg ist hier mehr ein Anlieferungsstreifen für Paketdienste und Taxis. Um auch mal eben ein Kebap zu holen, ist da der Streifen gerade recht. Fährt man dann rechts am Auto vorbei - welch lautes Geschrei der Fußgänger. Fährt man links auf die Straße - oh Gott, oh Gott - Hupen, Schimpfe, Fäuste. Auch mal eine sich öffnende Tür steht im Wege ... Oder man wird von einem nach rechts in die Einfahrt abbiegenden Pkws mal eben geschnitten und man landet beinahe auf dem Dach oder Heck des Autos.

Hat man diese Passage unverletzt überstanden, ist die Ampel an der Schnaitheimer Straße die letzte Ruhephase vor dem großen Kampf! Steht ebenfalls ein Bus mit Ihnen an der Ampel, heißt es, besondere Vorsicht walten zu lassen, vor allem bei Gelenkbussen. Bis die einen überholt haben, müssen die die Spur nach rechts wechseln und unversehens landet man in der Klemme, zwischen Randstein und Bus. Und man wird überholt! Stehen Autos an der Ampel, wird man als Fahrradfahrer an die Busse gequetscht und die Abbieger nach rechts überholen einen schon auch mal direkt vor der Kreuzung und schneiden einen recht eng.

Vorbei an der Bushaltestelle (eigentlich mehr eine Pkw-Parkzone) bleiben zwei Möglichkeiten: Die von der Stadt vorgegebene markierte Bahn auf dem Bürgersteig oder auf der normalen Straße über die Ampel zum Fahrradweg. Auf dem markierten Fahrradweg bin ich nur einmal gefahren und prompt wäre ich im Krankenhaus gelandet - unter Schimpf und Schande des Autofahrers, der mir die Vorfahrt genommen hat.

Ja, ja, und dann der "Fahrradweg" in der Wilhelmstraße! Warum der eigentlich Fahrradweg genannt wird ist mir nicht ganz nachvollziehbar! Kurzparkzone, Parkplatz, Ladezone würde glaube ich besser passen. Nein, nicht falsch verstehen. Nur ich sehe weniger Fahrräder hier vorbeikommen als mehr Autos und Lkws parken, die mal eben schnell was erledigen wollen. Aber ohne Rücksicht auf Verluste: Fahrrad überholen, vor dem fahrenden Fahrrad auf Fahrradweg und Bürgersteig anhalten und die Fahrertür öffnen. Besser kann eine Fahrradfalle nicht funktionieren.

Der Rest der Strecke ist dann nur noch Routinesache: So schnell wie möglich in die Kastorstraße und über die Arndtstraße wieder in die Heckentalstraße.

Ups! Beinahe habe ich noch was wichtiges vergessen: Wenn Sie auf der Höhe des ehemaligen Goldenen Rades auf dem Fahrradweg fahren, kann es einem passieren, dass Busse und Lkws nebeneinander fahren. Das hat zur Folge, dass sie auf den Fahrradweg ausweichen müssen, die Straße hat ja kaum Platz. Jetzt können Sie sich vorstellen, wie toll es ist, von so einem Koloss an den Randstein gedrückt zu werden ...

Was an dieser Stelle auch häufig vorkommt, wenn man von Bussen oder Lkws überholt wird: Die müssen so dicht am Fahrradweg fahren, dass die Seitenspiegel in den Luftraum ragen und man Angst haben muss, die Spiegelhalterung an den Hinterkopf zu bekommen.

Ich habe mir diese Begebenheiten aus den Fingern gesaugt? Erfunden, erdichtet und erlogen? Seit fasst 6 Jahren fahre ich diese Route und leider sind das Erlebnisse im Laufe der Zeit alle erlebt und ich habe noch nicht mal alles aufgezählt. Würde ich nicht umsichtig fahren, so währe ich manches mal im Krankenhaus gelandet - nicht nur mit Knochenbrüchen.

Den Fahrradweg in der Clichystraße kann und möchte ich nicht benutzen, er ist mir schlicht zu gefährlich. Aber welche Alternative habe ich dann in Heidenheim? Die Kastorstraße? Wie dann in der Bergstraße weiter? Eugen-Jaekle-Platz und dann wieder über die Kreuzung Marien-/Brenztraße?

Wer es mir immer noch nicht abnimmt, den möchte ich dazu einladen, diese Tour mit mir jeden Tag zu fahren, sagen wir mal 14 Tage oder 3 Wochen. Um 9 Uhr zum Pressehaus und um 12 Uhr zurück, 16 Uhr wieder zum Pressehaus und etwa um 20 Uhr wieder in die Heckentalstraße. Aber nicht in den Ferien, nein jetzt, am Anfang der Schulzeit, wenn wieder alle aus dem Urlaub zurück sind. Und auch mal um 22 Uhr, wenn die Kebap-Bude Hochkonjunktur hat und die Autos sich reihenweise in die Schlange auf dem Fahrradweg anstellen.

Das ist Heidenheim live.